Abfallvermeidung mit der Bauteilbörse Hannover
Die Bauteilbörse Hannover ist ein Projekt des gemeinnützigen Vereins Glocksee Bauhaus e.V. und strebt seit 2005 den Aufbau eines für die Region Hannover energiepolitisch und wirtschaftlich relevanten Marktes für gebrauchte Bauelemente an. Getragen wird das Projekt zur Zeit von einer Gruppe von vier Personen, die aus unterschiedlichen Fachrichtungen kommen. Die Weiter- und Wiederverwendung gebrauchsfähiger Bauelemente aus Abbruch- und Renovierungsvorhaben stellt eine Ergänzung ressourcenschonender Entwicklungen dar. Während andere europäische Staaten schon seit mehreren Jahren auf diesem Gebiet tätig sind, handelt es sich für die Bundesrepublik Deutschland noch um Neuland.
Mit der Wiederverwendung und Aufarbeitung von Bauelementen möchte die Bauteilbörse Hannover ein Netzwerk aufbauen, dass ökologische, ökonomische und soziale Ziele miteinander kombiniert.
Ökologische Ziele:
Ausgangspunkt für unser Engagement sind die Erfahrungen und positiven Ergebnisse der Bauteilbörse Bremen mit ihrem zweijährigen Pilotprojekt. Weitere Vorbilder sind die Schweiz und die Niederlande, wo landesweite Netze für den Handel mit gebrauchten Bauteilen in Form von Baumärkten und Internetshop etabliert sind.
Ein von „Alt-Bauteile Bremen e.V.“ beim Institut für angewandte Ökologie in Freiburg in Auftrag gegebenes Umweltgutachten kommt zu folgenden Ergebnissen. Für den Zeitraum November 2002 bis Oktober 2004 wurden 116 Tonnen Material, entsprechend 238 m³ aus Bauteilen wieder verwendet. Im Einzelnen handelte es sich dabei um Fenster, Türen, Parkettböden, Dielen, Steinzeug, Fliesen, Treppen, Sanitärobjekte, Heizungsradiatoren, mobile Wandteile, Dachpfannen und diverse Kleinteile. Durch diese Wiederverwendung konnten 158 Tonnen CO2 – Ausstoß vermieden werden. Die Einsparungen an Primärenergie betrugen 753.000 KWh, die dem jährlichen Verbrauch an Energie von 270 Drei-Personen-Haushalten entsprechen. Ausgehend von den Bremer Erfahrungen und Evaluationsergebnissen ist für Hannover und die Region von einem vergleichbaren Umfang wieder- und weiterverwendbarer Bauelemente auszugehen. Die Kooperation mit der Bremer Bauteilbörse und dem Bauteilnetz Schweiz zielt auf eine wechselseitige Unterstützung (z.B. bei der Nutzung und Weiterentwicklung notwendiger Software) und auf die Bereitstellung eines überregionalen Netzwerkes zur Vermarktung gebrauchter Bauelemente.
Das Projekt „Bauteilbörse Hannover“ orientiert sich an den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung, wie sie in der regionalen Agenda 21 formuliert sind. Die in der Agenda 21 vorgegebenen Globalziele einer Veränderung ressourcenschädigender Konsumgewohnheiten erfordert parallel zur Aufklärung der Verbraucher auch die Entwicklung zukunftsweisender Konzepte. Es müssen Strukturen aufgebaut werden, die dem Verbraucher eine Alternative zum scheinbar einfachen Wegwerfen und Neukauf bieten. So richtig es ist, dass der Verbraucher über die umweltschonende Weiterverwendung gebrauchter Produkte aufgeklärt wird, so wichtig ist es, ihm parallel auch die Möglichkeit zum Verkauf und Kauf in einer alltagspraktischen Form anzubieten. Diese Plattform wird mit dem Projekt Bauteilbörse erstmals in Hannover aufgebaut. Grundgedanke dabei ist, die Mentalität der Wergwerfgesellschaft kritisch zu hinterfragen und durch Imagearbeit eine Akzeptanz für gebrauchte Bauteile in der Öffentlichkeit zu schaffen. Damit wird eine Dienstleistung angeboten, die zur Verlängerung des „Lebenszyklus“ von Bauelementen beiträgt und zugleich eine Einsparung von Rohstoffen, Transport- und Herstellungsenergien sowie die Reduzierung von Deponieflächen bewirkt. Über die Einbindung unterschiedlicher Netzwerkpartner sollen möglichst viele gut erhaltene Bauteile aus Abbruch und von Baustellen wieder vermittelt und verwendet werden, um eine monatliche Einsparung von Primärenergie (Energie- und Rohstoffe, CO2 –Ausstoß) zu erzielen. Angestrebt wird eine Kooperation mit interessierten Handwerksbetrieben, Abbruchunternehmen, der Abfallwirtschaft Region Hannover und Architekten. Weitere Multiplikatoren und eine inhaltliche Unterstützung unseres Projekts ergeben sich aus der kooperativen Zusammenarbeit mit der Agenda 21, der Abfallwirtschaft Region Hannover, Bündnis 90/Die Grünen, dem Verein Alt hilft Jung und der Agentur für Arbeit.
Ökonomische Ziele:
Die Vermarktung der Bauelemente erfolgt über die Internetbörse und das Verkaufslager. Alle zum Verkauf anstehenden Objekte werden auf einer Internetplattform fotografisch dargestellt, beschrieben und mit Preis ausgezeichnet angeboten. Dabei kann es sich auch um Objekte handeln, die nicht im Lager vorrätig gehalten werden (z.B. auf Grund ihrer Größe oder Anzahl). Gegen eine Gebühr kann die Internetplattform auch von kooperierenden Abbruchfirmen und Handwerksbetrieben genutzt werden. Die Mehrzahl der Objekte wird von den Mitarbeitern des Projektes Bauteilbörse vor Ort ausgebaut bzw. übernommen und nach Reinigung, Aufarbeitung und fotografischer Erfassung eingelagert. Zu diesem Zweck wurde ein Lager auf dem Gelände des UJZ Glocksee aufgebaut. Kunden haben die Möglichkeit hier direkt die benötigten Objekte in Augenschein zu nehmen und zu erwerben. Für den Lagerverkauf gibt es vorläufige Öffnungszeiten. Mittelfristig strebt die Bauteilbörse durch den Verkauf der vom Markt ausrangierten Bauteile eine ökonomische Unabhängigkeit an, um den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu gewährleisten.
Soziale Ziele:
Die positiven Erfahrungen, die der Verein bei der Realisierung von Jugendprojekten in den vergangenen Jahren gesammelt hat sowie die anhaltend problematische Situation von jüngeren Arbeitslosen ohne schulische und berufliche Qualifikation stellen neben den ökologischen Gesichtspunkten einen weiteren Schwerpunkt des Projektes dar. In Anbetracht der weiterhin hohen Arbeitslosigkeit, die im Raum Hannover auch Schulabgänger und Berufsanfänger betrifft, ist es vor allem für junge Erwachsene aus sozial problematischem Umfeld nur schwer möglich, einen Arbeitsplatz zu finden. Es ist aber eine gesellschaftliche Notwendigkeit, Projekte für arbeitslose junge Menschen anzubieten, damit ihnen die Integration in die Arbeitswelt gelingt. Deshalb greifen wir die Projektinitiativen der Vergangenheit auf und unterstützen im Sinn von „fördern und fordern“ die berufliche Handlungsfähigkeit junger Arbeitsloser und stellen an sie die Forderung einen Anteil ihres Einkommens zu erwirtschaften.
Über die Aufarbeitung der wieder zu verwendenden Bauteile, eine systematische Lagerhaltung und die anschließende Präsentation im Internet erfahren junge Menschen, dass ihre Arbeit sinnvoll ist und ihnen den Zugang zu Wissen und neuen Technologien ermöglicht. In Kundengesprächen über den möglichen Einsatz von gebrauchten und aufgearbeiteten Bauteilen lernen die Teilnehmer die Kunden zu beraten. Die Beratungsgespräche haben den Anspruch, Anregungen zu geben bei der Verwendung von alten, historischen und modernen Bauelementen. Es geht uns auch darum, einen Beitrag zur ästhetischen Erziehung zu leisten. Wir wollen jungen Menschen einen Anstoß zur Veränderung ihres bisherigen Konsumverhaltens geben und ihnen Wertmaßstäbe und Verhaltensweisen aufzeigen, die ihnen einen emanzipatorischen Umgang mit ökologischen Problemen und Zusammenhängen ermöglichen.
Perspektiven
Kurz- und mittelfristig strebt die Bauteilbörse die Beschäftigung, Qualifizierung sowie Integration von arbeitslosen jungen Menschen in den Arbeitsmarkt an. Für die gezielte Vermarktung der Bauteile und die Ansprache der einzelnen Zielgruppen sind Werbemaßnahmen und Demonstrationsvorhaben auf dem Gelände der Liegenschaft Glocksee, die Ausarbeitung eines differenzierten Marketingkonzepts und eine Dokumentation in Vorbereitung. Eine Energiebilanzierung der wiederverwendeten Bauteile ist angestrebt. Hierbei wird die CO2 –Minderung sowie die eingesparte Primärenergie, die durch das nochmalige Verwenden von Bauteilen erreichbar ist, erfasst.